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Teure Bett-Sonderanfertigung mit falschen Maßen
Wer bei einem Standardprodukt wie einem Bett viel Geld für eine Sonderanfertigung ausgibt, kann wohl erwarten, dass diese Sonderanfertigung auch den Wünschen entsprechend geliefert wird. Ist dies nicht der Fall, so hat man natürlich Anspruch auf Korrektur. Schwierig wird’s aber, wenn eine Firma mit dem Hinweis auf eine – dem Kunden natürlich nicht bekannte – Ö-Norm argumentiert, eine die Kundenwünsche nicht erfüllende Sonderanfertigung sei trotzdem eine korrekt Erfüllung der Bestellung.
Frau C. hat altersbedingt Probleme mit ihrer Wirbelsäule und tut sich beim Bücken, Hinsetzen und Aufstehen relativ schwer. Aus diesem Grund bestellte sie bei der Firma JOKA nach einem längeren Beratungsgespräch eine mit 50 Zentimetern extrahohe Betten-Sonderanfertigung um 1.600 Euro. |
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Bett "an der Kante niedriger" Das gelieferte Bett war dann allerdings um einige Zentimeter niedriger, doch JOKA wollte vorerst nichts von einem Fehler wissen. In einer E-Mail-Antwort auf eine Reklamation hieß es: "Die Liege hat tatsächlich die von Frau C. gewünschte Höhe, gemessen in der Mitte der Liege. Dass die Liege an den Kanten niedriger ist, ist eine Gegebenheit. Somit wurde die Liege ordnungsgemäß produziert und geliefert."
Die gewünschte Höhe in der gewölbten Mitte eines Bettes hilft allerdings wenig beim beschwerlichen Hinsetzen bzw. Aufstehen. Immerhin wurde der Kundin angeboten, den Sockel zu erhöhen, doch dafür hätte Frau C. weitere 300 Euro zahlen sollen.
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Wesentlicher Mangel, da Spezialanfertigung So wandte sich die Kundin mit der Bitte um Hilfe an help und unser Rechtsberater Sebastian Schumacher stellt zum beschriebenen Problem fest: "Normaler Weise wird man davon ausgehen müssen, dass kleinere Abweichungen bei den Maßen hinzunehmen sind und bestenfalls eine Preisminderung begründen können. Anders liegt die Sache allerdings, wenn es sich um eine Spezialanfertigung handelt. Wenn ich dezidiert darauf hinweise, dass ganz bestimmte Maße eingehalten werden müssen und sogar bereit bin, dafür einen teureren Preis zu bezahlen, dann stellt eine Abweichung hier einen wesentlichen Mangel dar, der entweder zur Verbesserung oder sogar zur Wandlung berechtigt."
Da es sich um eine Spezialanfertigung handelte, war laut Schumacher auch ganz klar, dass der Bestellerin die genaue Einhaltung der Maße außerordentlich wichtig war: "Der Unternehmer hätte also in diesem Zusammenhang aufklären müssen, wenn die Maße deshalb unterschritten werden, weil die Abmessung zum Beispiel nur von der Mitte und nicht von der Stirnseite aus erfolgt. Wird eine derartige Aufklärung unterlassen, dann haftet das Unternehmen für eine etwaige Abweichung."
Eine Verbesserung, wie durch den Einbau eines höheren Bettsockels, müsse der Unternehmer daher auf seine Kosten durchführen, so der help-Jurist.
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Kein Fehler, dank Ö-Norm? Die Firma JOKA bedankte sich nach einer help-Anfrage jedenfalls für die "offene Kritik". In einer E-Mail-Stellungnahme hieß es aber auch: "Wie so oft ist eine Reklamation von mehreren Gesichtspunkten zu betrachten. Aus unserer Sicht ist weder ein Beratungsfehler, geschweige denn eine unlautere Reklamationsbearbeitung erkennbar. Die Ö-Norm für Messungen entspricht exakt der gelieferten Ausführung!!"
Als Durchschnittskonsument wird man allerdings kaum wissen können, dass die Höhe eines Bettes aufgrund einer Ö-Norm in der Mitte gemessen wird und man bei einer gewünschten Sitzhöhe ein entsprechend noch höheres Bett bestellen müsste.
Immerhin hat sich JOKA schließlich doch bereiterklärt, den notwendigen Umbau vorzunehmen, ohne weitere Kosten zu verrechnen.
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