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Firmen tricksen mit Stiftung-Warentest-Logo
Ob beim Kindersitz oder bei der Geldanlage: Viele Verbraucher vertrauen der Stiftung Warentest. Gute Noten der Konsumwächter sind für die Unternehmen deshalb Gold wert. Doch viele Firmen missbrauchen das Gütesiegel - zum Teil mit frechem Schwindel, so der "Spiegel" (Online-Ausgabe).
Mal wird ein Detail verschwiegen, mal wird einfach ein Urteil erfunden: Bei der Werbung mit Logos der Stiftung Warentest beweisen deutsche Firmen jede Menge Einfallsreichtum. |
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Ein Test, der gar nicht war Besonders kreativ zeigen sich die Betreiber von "PillenVZ". Auf ihrer Website listen sie "seriöse Online-Apotheken" auf, die Viagra und weitere Mittel gegen Erektionsstörungen verkaufen - rezeptfrei. Im nüchternen weiß-blauen Layout der Seite sticht das rote Logo der Stiftung Warentest heraus: "Potenzmittelapotheken im Test" steht da, fett gedruckt ist die Note "sehr gut" - in der Ausgabe 2/2010.
Das Problem: In dieser Ausgabe, dem Februar-Heft, wurden keine Apotheken getestet, und auch keine Potenzmittel. Zuletzt hatten die Konsumwächter Viagra und Co. im September 2009 bewertet - allerdings ohne Noten zu verteilen. Für die Potenzpillen gab es lediglich die Urteile "mit Einschränkung geeignet" und "wenig geeignet".
Die Werbung auf "PillenVZ" ist also schlicht und einfach erfunden, der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat die Betreiber deshalb abgemahnt und aufgefordert, das Logo innerhalb von zehn Tagen zu entfernen. Bislang ohne Erfolg, auch zwei Wochen nach der Abmahnung ist die Werbung auf der Seite unverändert.
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Gute Testurteile steigern den Marktwert Der Fall zeigt, wie dreist manch Unternehmer mit dem guten Ruf der Tester Geschäfte macht. Pro Jahr mahnt der VZBV im Auftrag der Stiftung Warentest hundert Fälle von unlauterer Werbung ab, fordert die Firmen auf, die Werbung zu ändern und zieht im Extremfall vor Gericht.
Meist ist das zwar nicht nötig, die Unternehmen geben zu 80 Prozent eine Unterlassungserklärung ab, in weiteren zehn Prozent der Fälle einigt man sich gütlich. Doch für die Konsumwächter sind die Werbetricks trotzdem ein Ärgernis. Die Stiftung Warentest hat einen extrem guten Ruf, 96 Prozent der Deutschen kennen sie, keiner Institution vertrauen die Verbraucher mehr, laut einer Forsa-Umfrage genießt sie sogar höhere Wertschätzung als Polizei und Rotes Kreuz. Für Firmen sind gute Noten daher höchst lukrativ - um bis zu 30 Prozent steigern sie laut Studien den Marktwert eines Produkts.
Damit steigt aber auch der Anreiz, bei der Werbung die Grenze des Erlaubten auszutesten. Um ihren Ruf zu schützen, hat die Stiftung Warentest daher eine Anwaltskanzlei eingeschaltet. Diese klopft die Reklame der Firmen auf unlautere Methoden ab. Alle Verstöße werden an die Verbraucherzentrale gemeldet, die dann die juristische Auseinandersetzung übernimmt - bis September 2010 sind bereits mehr als 70 Fälle aufgelaufen.
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Tricks der Firmen Die Zahl der Abmahnungen habe sich in den vergangenen Jahren zwar nicht substantiell erhöht, sagt Kerstin Hoppe, Referentin bei der Verbraucherzentrale. "Doch die Unternehmen haben ihre Methoden geändert, sie sind kreativer geworden."
Früher hätten es die Firmen ganz gerne mal unterlassen, in der Werbung das Veröffentlichungsdatum eines Tests anzugeben. Damit konnten die Verbraucher nicht überprüfen, ob Konkurrenzprodukte mittlerweile besser getestet wurden. Diese Form der Trickserei habe nachgelassen, sagt Hoppe. Doch nach wie vor benutzen Firmen gute Ergebnisse, obwohl diese aufgrund eines aktuelleren Tests überholt sind - und damit laut den Bedingungen der Stiftung nicht mehr für Werbezwecke benutzt werden dürfen.
Ein neues Phänomen sei zudem, dass die Firmen die Note für ein einzelnes Produkt auf eine komplette Serie übertragen - ohne dass diese je getestet wurde.
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