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16.01.2010

Wenn die letzte Zugsverbindung des Tages ausfällt

Österreich wird die seit 3. Dezember geltende EU-Fahrgastrechte-Verordnung, die Bahnkunden Entschädigungen bei Zugverspätungen und Zugausfällen garantiert, nicht eins zu eins umsetzen. Da das betreffende Gesetz aber noch nicht beschlossen ist, gelten derzeit außer der EU-Verordnung auch noch spezielle ÖBB-Fahrgastrechte. Die Situation ist jedenfalls so verwirrend, dass man selbst bei der ÖBB-Service-Hotline nicht weiß, welche Ansprüche Bahnkunden tatsächlich haben.

Kein Zug
Herr B. arbeitet im Krankenhaus in Grieskirchen in Oberösterreich und wohnt im rund 40 Kilometer entfernten Andorf. In der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember wollte er mit dem letzten Zug um 23.24 heimfahren.

Der Zug kam aber nicht und ab Mitternacht konnte auch nicht mehr im Warteraum, sondern nur noch in der Kälte am Bahnsteig gewartet werden. Da seien einfach ohne Ankündigung die Türen zu- und das Licht ausgegangen, erzählt Herr B. Und er habe dann bei Minus fünf Grad im Freien auf den Zugwarten müssen, was nicht gerade lustig war.

ÖBB-Hotline
Gegen halb eins kam eine Durchsage, der Zug sei auf unbestimmte Zeit verspätet. Herr B. machte daraufhin die Hotline der ÖBB ausfindig und erfuhr dort, dass mit dem Zug gar nicht mehr gerechnet werden könne. Er fragte nach einem Hotel, oder einem Taxi.

Der Mitarbeiter habe ihm eine Taxinummer durchgegegen, sagt der Oberösterreicher. Ein Hotel könne er ihm nicht anbieten, weil es in Grieskirchen kein Vertragshotel der ÖBB gebe. Taxi war keines aufzutreiben und so ging Herr B. zurück an seine Arbeitsstelle im Krankenhaus und übernachtete dort auf einer Notfallliege.

Bedauerlicher Vorfall
Die ÖBB bedauern in einer Stellungnahme an help, dass ein Schaden am Triebwagen für die Verspätung verantwortlich gewesen sei und sich ein Schienen-Ersatzverkehr zu so später Stunde nicht habe organisieren lassen. Das Lichtauslöschen im Bahnhof und die Schließung der Warteraumtüren, heißt es im ÖBB-Schreiben weiter, sei leider durch einen Softwarefehler verursacht worden. Als Entschuldigung bekam Herr B., der seit seinem eisigen Bahnhofserlebnis nicht mehr mit dem Zug, sondern mit dem Auto zur Arbeit fährt , einige Bahngutscheine.

Verworrene Rechtslage
Nun gilt seit 3. Dezember die EU-Fahrgastrechte-Verordnung, die Bahnkunden einige Entschädigungsrechte zusichert. Das österreichische Gesetz zur Umsetzung der EU-Verordnung sieht bei Verspätungen und Ausfällen von Regionalzügen aber keinerlei Schadenersatz vor. Dieses Gesetz ist jedoch noch nicht beschlossen und daher, sagt Norman Schadler von der Schienen Control GmbH, der Schlichtungsstelle für Bahnkunden-Beschwerden:
"Es haben auch Fahrgäste in einem Regionalzug grundsätzlich Anspruch auf eine Entschädigung, so lange nur die EU-Verordnung gilt.

ÖBB-Fahrgastrechte
Ob die Kosten für eine Übernachtung bzw. eine Taxifahrt ersetzt werden müssen, ist in der EU-Verordnung nicht klar ausformuliert. In den ÖBB-Fahrgastrechten ist dafür jedoch eindeutig Kostenersatz vorgesehen: Bei Übernachtungen, egal ob in einem Vertragshotel der ÖBB übernachtet wird oder nicht, sind es maximal 80 Euro, für Taxifahrten maximal 50 Euro.

Da Herr B. allerdings nichts davon in Anspruch genommen, sondern gratis auf einer Notfallliege übernachtet hat, sagt Norman Schadler, habe er keinen Anspruch, denn es sei nur von einem Kostenersatz die Rede und nicht von einem allgemeinen Schadenersatz. Zusammengefasst erklärt der Experte, muss dem Bahnkunden nur der Fahrpreis ersetzt werden. Einen weiteren Anspruch auf Kostenersatz hat er nicht.

Der Fahrpreis-Ersatzanspruch macht genau 3,60 Euro aus und ist mit den Gutscheinen abgegolten.

Offene Fragen
Warum allerdings die Mitarbeiter der ÖBB-Service-Hotline nächtens auf eisigem Bahnsteig zurückgelassenen Kunden Informationen über Taxi- und Hotelansprüche vorenthalten, ist damit auch nicht geklärt.

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